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Exkurs: Papier
Schwerpunkt: Recyclingpapier
Da wir uns täglich damit beschäftigen und Qualitäten von Papier ständig neu beurteilen müssen, haben sich zwangsläufig viele Informationen zum Thema Papier angehäuft.Entstanden ist dieser Leitfaden jedoch, als wir uns auf die Suche nach einem Recyclingpapier begaben, das hohen Ansprüchen einerseits an den Druck von Abschlussarbeiten, also den Weißgrad, und andererseits an Umweltverträglichkeit stellt. Dieser Exkurs dürfte also in erster Linie für Menschen interessant sein, die sich noch nicht zwischen Recycling- und konventionellem Papier entscheiden konnten.
Die Produktion von Papier aus Frischfasern
Der größte Anteil von zum Drucken verwendetem Papier wird aus Zellstoff hergestellt.Auf der Suche nach einem möglichst dünnen, aber festen Schriftträger kamen bereits die alten Ägypter darauf, Schilfpflanzen flachzupressen. Der Hauptbestandteil aller Pflanzen ist neben Wasser Zellulose , Zellulose ist röhrenförmiger Hauptbestandteil aller pflanzlichen Zellwände. Zellulosefasern sind sehr eng verkettet und geben Pflanzen so maximale Stabilität bei minimalem Platzbedarf. Da genau das Hauptanforderung an Papier ist, gibt es in der Papiergewinnung bis heute keine Alternative zum Rohstoff Pflanze .
Da Zellwände neben der benötigten Zellulose auch noch andere, unerwünschte Stoffe enthalten, müssen diese entfernt werden. Das hierzu üblicherweise verwendete Verfahren ist ein chemisches, bei dem von Rinde befreite und zerhackte Pflanzenteile bei 160°C in schwefeliger Lauge oder Säure zerkocht werden, die herausgekochten Bestandteile (gut 50% der Pflanze) werden verbrannt, übrig bleibt brauner Zellstoff.
Zur Aufhellung wird der braune Zellstoff anschließend vielfach im Wechsel gebleicht und gewaschen.
Nach dem Bleichen wird der Zellstoff über mit Dampf beheizte Zylinder gezogen, wo er zunächst gepresst und dann getrocknet wird, so dass er zur Papierherstellung transportiert werden kann.
Im letzten Schritt wird der Zellstoff mit Füllstoffen modifiziert und die Zellstoffoberfläche durch die so genannte Leimung imprägniert.
Gestrichenes und ungestrichenes Papier
Die Druckqualität steigt grundsätzlich mit der Geschlossenheit, also der Oberflächenglätte des verwendeten Papiers. Je geschlossener die Oberfläche, desto weniger kann der Farbauftrag ver- oder ineinander laufen, das Druckbild verfeinert sich.Gestrichenes Papier hat im Gegensatz zu ungestrichenem mindestens eine weitere aufgetragene Schicht, hauptsächlich aus Bindemitteln bestehend, teilweise mit weißenden Pigmenten versetzt, und damit die glattere Oberfläche.
Ein gestrichenes Recyclingpapier mit Blauem Engel ist derzeit leider noch nicht erhältlich.
Der Begriff 'holzfrei' bei Papier
Einer der in Zellwänden von Hölzern enthaltenen unerwünschten Stoffe ist Lignin . Lignin ist stofflich eher rauh und fest und farblich eher braun. Für ein möglichst glattes, weißes, feineres und damit haltbareres Papier muss Lignin also entfernt werden.Da Lignin nur in Hölzern vorhanden und für deren Stabilität verantwortlich ist, wird Lignin auch 'Holzstoff' genannt. Also ist ein Papier ohne Lignin holzstofffrei, nicht holzfrei. Warum die Silbe 'stoff' verloren ging... Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Die Bezeichnung 'holzfrei' steht für ein weißeres und langlebigeres Papier.
Ressourcenverbrauch bei Papier aus Frischfasern
Jeder zweite gefällte Baum weltweit landet derzeit in der Papierherstellung, jeder fünfte in Druckpapier. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Papier lag 2018 in Deutschland bei etwa 250 Kilogramm pro Jahr.Je Kilogramm Papier (entspricht etwa 200 Blättern Standard-Papier) werden durchschnittlich 2,2 Kilogramm von Rinde befreites Holz, 50 Liter Wasser und 5 kWh Energie benötigt (Quelle: Bundesumweltamt ). Basierend auf der Ökobilanz für grafische Papiere des Bundesumweltamts aus dem Jahr 1999 verbraucht Frischfaserpapier fünfmal mehr chemische Substanzen als Recyclingpapier, dreimal mehr Wasser und das 2,5fache an Energie. Die Folgen der Holzgewinnung von der Rodung bis hin zum Transport sind rahmensprengend umfangreich, daher sei für einen Einstieg ins Thema an die Kurzbroschüre zu Klima und Holz-Transport und an die Untersuchung zur CO2-Bilanz vom IFEU-Institut verwiesen.
Die Produktion von Papier aus Altpapier
In Beziehung gesetzt zum Herstellungsprozess aus Frischfasern setzt die Produktion von Recyclingpapier erst nach der Gewinnung von Zellstoff ein.Dem bereits im Altpapier enthaltenen Zellstoff muss der aus vorheriger Nutzung resultierende Farbanteil wieder entzogen werden (De-Inking ). Druckfarben sind wasserabweisend, ebenso wie Luft. Daher wird das Altpapier in ein Wasserbecken mit aufsteigenden Luftbläschen gegeben, in dem die gelösten Farbpartikel sich mit Unterstützung von Seifen an die Luftblasen binden, mit ihnen an die Oberfläche steigen und dort als Schaum abgetragen werden können.
Soll ein besonders hoher Weißgrad erreicht werden, wird an dieser Stelle noch gebleicht.
Zellstoff kann bis zu sechs Mal ohne Einschränkungen recycled werden.
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch auf Umweltschutzpapier hingewiesen, das die beste Ökobilanz aufweist, damit aber leider auch deutlich rauer und somit für die Verwendung in Druckern nicht gut geeignet ist.
Recyclingpapier
Recyclingpapier ist durchaus eine gute Alternative zu Papier aus Frischfasern. Es ist nicht nur ökologisch äußerst sinnvoll, sondern hat auch keine qualitativen Nachteile letzterem gegenüber.
In mehreren vom der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und von Stiftung Warentest bereits vor vielen Jahren durchgeführten und mittlerweile aus den abrufbaren Katalogen verschwundenen Untersuchungen wurde die qualitative Gleichwertigkeit von Frischfaser- und Recyclingpapier belegt, auch die Haltbarkeit betreffend.
Den optischen und haptischen Vergleich mit Papier der Premiumklasse finden Sie im entsprechenden Abschnitt unseres Ratgebers.
Schon beim Ersatz von 100 Blatt Papier aus Frischfasern durch Recyclingpapier spart man über ein Kilogramm Holz ein. (Quelle: Bundesumweltamt )
Weißgrad
Mit dem Weißgrad misst man die Stärke der Reflektion, wenn ein Papier mit Normlicht bestrahlt wird. Gleichzeitig ist der Weißgrad auch das häufigste Gegenargument, wenn es um die Verwendung von Recyclingpapier geht. Dieses Argument kann jedoch bei modernem Recyclingpapier nicht mehr verfangen, der durch Bleichung und Leimung erzielbare Weißgrad ist dem von Papier aus Frischfasern ebenbürtig.In nachfolgender Tabelle haben wir exemplarisch die Papiere unserer Produktpalette gelistet.
Sinnvolle Maßeinheiten für den Weißgrad sind CIE oder ISO, die oft zu findende %-Angabe enthält fast genau so oft die Angabe '100%' und ist somit beliebt, aber wenig aussagekräftig.
Papier | Weißgrad in CIE |
ColorCopy | 161 |
Double A | 165 |
Xerox Recycled Supreme | 150 |
handelsübliches, ungebleichtes Recyclingpapier | 70 |
Ab 150 CIE wird ein Papier vom menschlichen Auge als hochweiß wahrgenommen, von 100 bis 150 CIE als reinweiß und darunter ebenfalls als weiß, allerdings im Vergleich mit Rein- oder Hochweiß leicht grau- oder gelbstichig.
Umweltsiegel
Der Blaue Engel ist ein allgemeines Siegel für alle Recyclingpapiere, das einerseits die Gewinnung aus 100% Altpapier sicher- und andererseits hohe Anforderungen an die im Produktionsprozess zugesetzten Stoffe sowie die Abwasserbelastung und den Energieverbrauch stellt.Kein Siegel speziell für Papier, sondern eines für Waldprodukte allgemein ist das Siegel des FSC . Es soll eine nachhaltige Waldnutzung sichern und basiert auf dem derzeit höchsten verfügbaren forstwirtschaftlichen Standard. Allerdings gerät es wegen der praktischen Umsetzung und seiner Wirtschaftsnähe auch immer wieder in die Kritik.
Das Ökopa -Siegel ist ein auf dem Blauen Engel basierendes und ebenfalls vertrauenswürdiges Siegel für Papier, sein zertifiziertes Papier ist für den Druck jedoch irrelevant, da es nur in Schulheftform angeboten wird.
Natürlich existieren massig andere Siegel für Papier, die Umweltverträglichkeit beanspruchen, doch leider nur minimale Standards setzen oder Selbstverständlichkeiten bewerben. Oftmals ist in mit Umweltsiegeln gelabelten Papierprodukten nicht einmal Altpapier enthalten.
Wir haben uns bei unseren angebotenen Nicht-Recyclingpapieren Double A und Color Copy auch um Nachhaltigkeit bemüht, doch Papier ist eben auch geduldig, man braucht Siegel, die einem die Prüfung abnehmen und für Sicherheit sorgen. Und da ist ein windiges Umweltsiegel ebenso gut wie keines.
Preis
Es wird gern behauptet, Recyclingpapier sei günstiger als Papier aus Frischfasern. Das stimmt leider nicht, jedenfalls nicht bei vergleichbarer Qualität und mit dem Blauen Engel. Es wäre logisch, nachdem die Zellstoffgewinnung entfällt, doch praktisch liegt der Preis für Recyclingpapier preislich auch bei palettenweiser Abnahme über dem von qualitativ vergleichbarem Papier aus Frischfasern.Vermutlich sind die Gründe für den höheren Preis einerseits die Kosten, die bei einer vertrauenswürdigen Zertifizierung entstehen, und andererseits der immer noch niedrige Gesamtumsatz, es obliegt also wie bei so vielen umweltfreundlichen Produkten dem Endverbraucher, den Absatz zu steigern und damit den Preis langfristig zu senken.
Recyclingpapier hochweiß + Blauer Engel
Ein Recyclingpapier in hochweiß ist nur selten in Kombination mit dem Umweltzeichen 'Blauer Engel' zu bekommen, daher hier für Interessierte eine leider vollständige Liste von rein- oder hochweißen Recyclingpapiersorten:Hersteller | Marke | Weißgrad |
Antalis | Image Recycled | 147 |
Clairefontaine | Evercopy Premium | 145 |
Papyrus | Balance Classic | 147 |
Papyrus | Balance Pure | 148 |
Papyrus | RecyStar Polar | 133 |
Steinbeis | Evolution White | 135 |
Steinbeis | Premium White | 147 |
Steinbeis | Pure White | 110 |
Xerox | Recycled Supreme | 150 |
Alle gelisteten Papiere haben eine 80er Grammatur.
Leider kommt es bei Recyclingpapier häufiger zu Lieferengpässen, so dass nicht alle Papiere immer frei verfügbar und gelistet sind.
In 2021 hat der Blaue Engel seine Vergabekriterien für Recyclingpapiere verschärft, der höchste zulässige Weißgrad liegt nun bei 135, damit hat unser Steinbeis Premium White leider erheblich an Qualität eingebüßt und das Xerox Recycled Supreme war ohnehin schon lang nicht mehr lieferbar.
Wir sind nun beim Image Recycled von Antalis gelandet, der Weißgrad wurde von Antalis den Kriterien angepasst und liegt nun bei den maximal möglichen 135. Nachdem das nur 12 Punkte unter den bisherigen 147 liegt, sieht man nicht wirklich einen Unterschied.
Literatur:
- zur Herstellung von Papier: C. Blechschmidt, "Taschenbuch der Papiertechnik", Carl Hanser Verlag, 2010
- zu Eigenschaften von Papier: E. Clef-Prahm und W. Walenski, "Das PapierBuch", Verlag Beruf + Schule, 2007
- zu Recyclingpapier: J. Blechschmidt, "Altpapier", Carl Hanser Verlag, 2011